Von Aeschiried auf das Morgenberghorn

Oberhalb des Aussichtspunkts Aeschi lockt eine Grillstelle mit mindestens genauso einladendem Blick über den Thunersee

Das Morgenberghorn – irgendwie klingt das nach mystischen Begegnungen, Sagen, alten Legenden. Leider habe ich nichts entsprechendes dazu gefunden und so ist er am Ende doch nur ein Berg von vielen am Südufer des Thunersees. Dafür aber einer mit recht schöner Aussicht, der zudem auch nur zu Fuss erreicht werden kann. Trotzdem sollte man nicht den Fehler machen auch nur eine Sekunde lang zu hoffen, alleine auf dem Gipfel zu stehen.

Der Weg führt vom Aussichtspunkt sanft zur Brunnihütte. Es lohnt sich mal einen Blick über die Schulter zu werfen

Bei dieser tollen Rundtour kann das Auto auf dem grossen Parkplatz beim Schulhaus, welcher gleichzeitig als Buswende dient, in Aeschiried im Berner Oberland abgestellt werden. Es gibt keine Tagesgebühr; man muss selber am Automaten (Kleingeld dabei haben oder Twint nutzen) rechnen, wie lange man glaubt unterwegs zu sein; für 8 Stunden ist man mit CHF 5 dabei. Der mit 4.5 h ausgewiesene Aufstieg zum Morgenberghorn (2’249 m) beginnt ganz gemächlich indem man dem Allmigässli erst einmal folgt und vor einer grossen Linkskurve auf den Wanderweg abbiegt. Über Wiesen führt dieser Genussweg teilweise schattig und mit tollen Ausblicken auf den Greberegg (1’550 m).

Hier gehts mit Hilfe von Stahlseilen berghoch

Kaum zu glauben, dass man in knapp 30 Minuten an der Brunnihütte (1’647 m) sein soll und in 2.5 h bereits sein Lunchpaket vertilgt. Ein Zwischenstopp an der Brunnihütte lohnt sich übrigens doppelt: man sich kann eine kurze Verschnaufpause mit Getränke und Kuchen gönnen und – wichtig für später – sich mit frischen Alpprodukten wie Ziegenkäse eindecken. Die Käserei kann zudem sogar besichtigt werden! Und wer rechtzeitig reserviert kann dort sogar übernachten. Was will man mehr… Ab der Hütte wird der gelbe Wanderweg ein rot-weisser Bergwanderweg. Verlaufen ausgeschlossen – ab jetzt gibt es nur noch einen Weg ohne Abzweigungen. Bis zum Gipfel hat es jedoch zwei steile Stellen, die mit Stahlseilen abgesichert sind und man muss die Hände aus den Taschen nehmen um hochzukommen. Mir hat die Kraxelei Spass gemacht, so macht man schnell Höhenmeter! Aber auch das ist dann geschafft und man hält zielsicher auf den Gipfel zu. Bevor man sich dann jedoch auf einer der drei Bänke niederlassen und sich im Gipfelbuch eintragen kann, müssen die letzten Höhenmeter über Stock und Stein erklommen werden. Viele laufen hier irgendwie hoch statt dem Wanderweg zu folgen; was aber kein Problem ist solange die Marschrichtung nach oben zeigt. Ich habe übrigens knapp 3.5 h für den Aufstieg gebraucht und war damit deutlich schneller als der Wegweiser. Und dann gibt’s da oben endlich – nunja – Aussicht!

Was ist Berg und was ist Wolke? Der Thunersee ist übrigens durch die grosse Wolke rechts versteckt

(Kleine Anekdote: beim Abstieg etwa auf Höhe des Wasserfalls Pochtenfall traf ich ein Paar mittleren Alters, die sich bei mir erkundigt haben, wie weit es noch zum Morgenberghorn sei. Nach meiner Antwort fragte die Dame begierig, was man denn dort oben erwarten könne. Ich schaute sie etwas überrascht an und meinte, eine tolle Aussicht. Sie war sehr enttäuscht dass weder Seilbahn noch Restaurants auf ihren Besuch warten.)

„Nur etwas Aussicht“

Wer also auch lediglich mit Aussicht zufrieden ist, hat auch schon eine Menge zu gucken: den Thunersee im Norden zum Beispiel, im Nordosten den Brienzersee, und je weiter der Blick schlussendlich in den Westen schweift lassen sich noch ein paar der ganz Grossen aus der Nähe betrachten. Eiger, Jungfrau, Mönch, Schreckhorn, Finsteraarhorn, Aletschhorn, Breithorn, Blümlisalphorn… Ist doch auch was. Vielleicht. Oder?

Rückblickend nach Mittelberg geht es nur noch auf gelben Wanderwegen zurück nach Aeschiried

Der Rückweg braucht ein bisschen Zeit und zu meiner grossen Überraschung gilt der Abstieg zum Rengglipass (1’1879 m) als T4 und ist blau-weiss markiert. Ich hab keine Ahnung wieso, meinem Empfinden nach war der Aufstieg anspruchsvoller. Vielleicht lag es daran, dass man ein kurzes Stück auf dem Grat unterwegs ist und die zwei Stellen, welche mit Stahlseilen versiert sind, deutlich länger waren als im Aufstieg. Wer im Aufstieg also keine Probleme hatte, braucht auch keine im Abstieg zu erwarten – blau-weisser Alpinwanderweg hin oder her. Hier endet zugleich auch schon fast der Bergcharakter der Wanderung; bis Mittelberg (1’573 m) sind es noch 30 Minuten wo es mehr oder minder steil zügig bergab geht.

Ein der vielen Grillstellen unterhalb von Suld

Danach folgt die Fleissarbeit für die Füsse auf dem nun wieder gelb markierten Weg Richtung Aeschi. Gut, es ist eine Strasse. Spätestens ab dem Aussichtspunkt Pochtenfall, der einen tollen Blick auf den Wasserfall bereithält, ist mit Trupps an normalen Spaziergängern zu rechnen. Es sind nur 15 Minuten Fussweg vom Restaurant Pochtenfall in Suld (1’080 m) zum Aussichtspunkt und man kann mit dem Auto bis zum Restaurant vorfahren. Ein zweiter Grund warum ab Suld, welches etwa eine Stunde von Mittelberg entfernt liegt, dann so viel los ist: Etliche Familien nutzen die idyllische Landschaft am Fluss, die schattigen Wälder und die vielen Grillstellen am Wegesrand bis nach Aschiried für eine schöne Zeit mit Freunden und Angehörigen. Es lohnt sich also auch herzukommen ohne gleich die Wanderschuhe schnüren zu müssen. Wer nett fragt darf bestimmt auch eine Grillwurst mit aufs Rost legen. Weiterhin gibt es eine Senn-Hütte am grossen Wegweiser oberhalb des Restaurats, in der ebenfalls Alpprodukte wie Berner Alpkäse oder Trockenfleisch verkauft werden. Eine gute Gelegenhet für einen Einkauf! Über Suldweid und Staldenweit ist man schliesslich 60 Minuten später zurück am Parkplatz angelangt. Zumindest ich war dann auch froh, nicht länger immer wieder Abschnitte des Weges mit den Autos teilen zu müssen. Die ausgeschilderte Umleitung für Wanderer aufgrund von Hochwasserschäden sollte zudem auch bald wieder verschwunden sein.

Rundtour
Strecke16.8 km
Dauerca. 7 h
Aufstieg1’386 m
Abstieg1’386 m
Niedrigster Punkt979 m
Höchster Punkt2’249 m
GPXLink
Eckdaten der Tour
Der Pochtenfall bei Suld