Via Glaralpina – Urnerboden zur Claridenhütte*

Das Ziel des heutigen Tages: die Claridenhütte

Ein perfekter Start in den Tag – Die Sonne strahlt vom blauen Himmel herunter und es wartet der Gemsfairenstock auf mich, den ich bereits im Winter mit Schneeschuhen besucht habe. Im Gegensatz zu meiner Wintertour nimmt die Luftseilbahn Urnerboden – Fisetenpass mir diesmal aber keine Höhenmeter ab. Denn heute werde ich die achte Etappe der Via Glaralpina erwandern.

Darf ich vorstellen? Firner Loch, Läckistock, Rot Nossen, Signalstock und Jegerstöck

Nach dem reichhaltigen Frühstücksbuffet des Gasthofs Urnerboden rolle ich die wenigen Meter zum Wegweiser Underm Port am Fätschbach. Dieser verspricht, dass die Claridenhütte in 5h 10min erreicht sei und das Gemsfairenjoch, von dem aus der Abstecher zum Gemsfairenstock eingeleitet wird, in 4h 20min. Ich bin gespannt und kann die Angaben noch nicht so wirklich glauben. Selbst ohne Gipfel sollen es 1’510 Höhenmeter zu absolvieren sein – und ich sollte Recht behalten.

Das Griessseeli erscheint noch etwas kühl zum Baden

Man überquert das Flüsschen über eine Brücke und beginnt mit dem Aufstieg zum Fisetengrat. Der rot-weisse Weg ist gut markiert und unschwierig, sodass nach einer Stunde bereits Lang Boden auf 1’728 m erreicht ist. Hier wohnen einige Murmeltiere, also die Augen aufhalten! Weitere 50 Minuten später war ich an der Bergstation der Seilbahn (2’010 m) angelangt, zum Pass (2’036 m) selbst sind es nur noch wenige Meter. Es bietet sich von dort ein tolles Panorama zurück zum Firner Loch (2’248 m), Läckistock (2’486 m), Rot Nossen (2’502 m), Signalstock (2’573 m) und Jegerstöck (2’584 m). Der Blick Richtung Norden wird unter anderem vom Tödi (3’614 m) und Bifertenstock (3’420 m) angezogen. Über eine schöne Hochwiese geht es nun via Ober Orthalten dem blau-weiss markierten Alpinweg entlang nach Südwesten. Der „Einstieg“ täuscht, nach einiger Zeit wird der Weg schroffer und felsiger. Das Rund Loch (2’287 m) ist auch im Sommer ein kleines Highlight, welches ich allerdings beinahe wieder einfach überlaufen hätte. Und flugs dann kam auch das erste Schneefeld in Sicht. Ab diesem Zeitpunkt wurde der Aufstieg anspruchsvoll: über Schnee und Fels zog sich der Alpinweg stellenweise seilversiert bis zum Gemsfairenjoch (2’848 m). Wohl dem, der Gamaschen dabei hatte! Meine Füsse waren recht schnell pitschnass. Kurz habe ich überlegt ob es eine Option wäre, dem Gemsfairenstock auszulassen und nur der Originalroute zu folgen. Immerhin galt es noch bis zur Claridenhütte abzusteigen und der Weg über den Gletscher und durch den Schnee würde sich ziemlich ziehen. Aber das kam nicht in Frage und so stand ich 5 Stunden nach Abmarsch allein auf dem Gipfel und war ziemlich stolz auf mich. Neben der Claridenhütte zu meinen Füssen ist die Berglandschaft mit Blick über die bereits genannten Gipfel über den Chli Tödi (3’076 m) bis zum Clariden (3’268 m) einfach fantastisch.

Links auf dem Plateau die im Vergleich winzige Claridenhütte während sich mittig der Tödi imposant erhebt

Ab 16 Uhr war Regen angesagt und so hatte ich es doch etwas eilig wieder hinunterzukommen. Nasse Füsse hin oder her – in den Bergen bin ich eher wasserscheu. Zumindest wenn das Wasser unter freiem Himmel von oben kommt. Also habe ich den Aufenthalt auf traurige 15 Minuten begrenzt und war 20 Minuten später wieder am Joch. Nun folgte der Abstieg auf den Claridenfirn. Im Winter mit Schneeschuhen hatte das sicherlich professioneller ausgesehen. Jetzt war der Schnee in einem schlechten Zustand und so bin ich die ersten 100 Meter mehr hinabgerutscht als gelaufen. Vermutlich gibt es schneefreien Zeiten einen richtigen Weg hinunter. Auf dem Firn angelangt ging es immer den Spuren der anderen Wanderer nach. Gesehen hatte ich schon lange niemanden mehr, aber zwei Wanderinnen waren noch hinter mir. Das Gestapfe war mühsam, aber besser als erwartet. Dennoch habe ich mich über jeden Felsabschnitt gefreut, der aus dem Schnee ragte und zudem noch blau-weiss markiert war. Offensichtlich läuft man normalerweise tatsächlich auf felsigem Untergrund und es geht deutlich schneller voran.

Auf dem Weg zur Claridenhütte sind einige Schneefelder zu passieren

Nach gefühlten Ewigkeiten rückte die Claridenhütte (2’453 m) ins Blickfeld und damit kam auch die Vorfreude auf die gemütliche Hütteneinkehr. Kurz bevor man die Hütte erreicht wird man vor dem ansässigen Hüttenhund gewarnt: Dieser begrüsst jeden ankommenden Gast mit lautem Gebell, ist sonst jedoch harmlos. Da ein grosses Treiben an diesem idyllischen Plätzchen herrschte, kam der Gute gar nicht mehr aus dem Bellen heraus. Dazu gibt’s noch die Hofkatze und ein paar freilaufende Hühner. Die Hütte liegt unglaublich schön auf einer Wiese auf dem Gipfelplateau des Altenorenstockes (2’458 m) unterhalb des Gemsfairenstock mit Blick auf Clariden. Im Südosten erheben sich Gemsistock (2’430 m), Zuetribistock (2’645 m) und Beggistock (2’635 m). Handyempfang gibt’s übrigens nur stellenweise. Und da der Regen ein paar Stunde Verspätung hatte liessen sich nicht nur die Schuhe und Socken in der Sonne trocknen, sondern es sich in den Liegestühlen noch perfekt ausspannen.

Blick zurück: Im Hintergrund ist der Clariden zu erkennen, rechts der Gemsfairenstock

Urnerboden ist auch mit den Öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar, man kann aus dieser Etappe auch eine Tagesrundtour machen. Dafür läuft man von der Claridenhütte in südöstliche Richtung zurück zum Fisetenpass. Dabei passiert man nördlich den Gletscherchopf (2’359 m) sowie südlich den Hergersattel und den Rotstock (2’471 m). Wieder am Pass angekommen hat man nach über 7 Stunden Gehzeit bereits 17 Kilometer, 1’816 Höhenmeter herauf und 1’154 Höhenmeter hinab hinter sich gebracht. Ich empfehle dann doch die Seilbahn hinunterzunehmen.

Streckentour
Strecke10.9 km
Dauer5 h
Aufstieg1’623 m
Abstieg550 m
Niedrigster Punkt1’360 m
Höchster Punkt2’971 m
GPXDownload
Eckdaten der Tour
Gipfelkreuz Gemsfairenstock. Alleine ist man hier weder allzu oft noch allzu lange

Via Glaralpina – Bisisthal nach Urnerboden*

Der Glattalpsee auf 1’855 m während einer kurzen Regenpause

Ich habe mich diesmal für eine Mehrtagestour entschieden, genauer für die Via Glaralpina. Die 7. Etappe, die von der Glattalphütte über einen blau-weissen Alpinweg zum Urnerboden führt, erschien mir als idealer Startpunkt, da ich nur einen Teilabschnitt absolvieren wollte. Und so bin ich dann im Sahli, Bisisthal losmarschiert.

Der See unterhalb der Bergstation der Glattalpbahn. Die sichtbare Hütte ist privat

Die Anreise erfolgte mit dem Öffentlichen Verkehr; allerdings gibt es nur wenige Verbindung pro Tag zum Ausgangspunkt Seilbahnstation Bisisthal (1’146 m). Wer möchte, kann sich direkt gemütlich von der Seilbahn Glattalpbahn für CHF 12 quasi bis zur Glattalphütte (1’898 m) befördern lassen. Ich habe mit viel Vorfreude auf die kommenden Tage trotz starkem Regen den mitgebrachten Fussbus genommen. Dieser braucht zwar circa 2h 20min wenn man dem unschwierigen gelb markierten Weg folgt und am Ende war ich trotz Regenkleidung klatschnass. Aber dafür schonmal warmgelaufen für die kommenden Etappen. Von der Seilbahn geht es links die Strasse hoch und an der Bergwirtschaft Sahli-Alp (1’855 m) vorbei. An einer T-Kreuzung, an der auch ein Wegweiser steht, hält man sich erneut scharf links. Spätestens ab hier weiden nicht eingezäunt Kälber und ihre Mutterkühe, welche alles andere als gut auf Wanderer zu sprechen sind. Nach wenigen Kehren führt schliesslich ein Pfad rechts ab. Diesem folgt man immer weiter bis man oberhalb eines kleines Sees in unmittelbarer Nähe der Bergstation rauskommt. Ich bin nun an der Bergstation vorbei zur kleinen Kapelle gelaufen bevor die Hütte aufgesucht habe. Es gibt aber auch die Möglichkeit auf direktem Weg die Glattalphütte zu erreichen. Wer möchte kann nun hier übernachten und bei gutem Wetter einen entspannten Nachmittag am Glattalpsee verbringen, der etwa 30 Gehminuten entfernt liegt. Immerhin sind schon 750 Höhenmeter absolviert! Da ich selbst Pech mit dem Wetter hatte und somit der einzige Gast auf der Hütte war, habe ich eine Regenpause genutzt um den Weiterweg etwas auszukundschaften. Belohnt wurde ich dafür mit der Beobachtung einiger Gämse auf dem Anstieg zum Märenspitz (2’280 m). Da der Aufstieg kurz ist und die kommende Etappe mit 3.5 h ausgeschrieben ist, spricht jedoch nichts dagegen ohne Zwischenstopp bis zum Urnerboden weiterzugehen.

Hier sollte es für mich über den Mären zum Urnerboden entlang gehen

Am nächsten Tag bin ich von der Glattalphütte, die übrigens frisch renoviert ist und ein sehr zuvorkommendes Personal beherbergt, zum Urnerboden aufgebrochen. Von der Hütte aus geht es gemäss der Beschilderung erst Richtung Glattalpsee. Kurz hinter dem Berggasthaus Glattalp biegt dann der blau-weisse Alpinweg rechts ab und eröffnet damit eine schöne Tour durch Karstgestein. Ich denke, dass der Weg im schneefreien Sommer nicht allzu anspruchsvoll ist, aber man trotzdem etwas mehr Zeit einplanen sollte. Ich hatte es bereits in der Ebene mit Schneefeldern zu tun und ich war laut Hüttenwirtin angeblich die Erste, die den Weg seit zwei Wochen wieder begehen wollte. Ohne Schneeschuhe. Später habe ich verstanden warum sie so besorgt um mich war. Ich musste mich zuerst im dichten Nebel über die Schneefelder bis zum Aussichtspunkt des Märenspitz vortapsen. In der Ebene habe ich mich ein bisschen verlaufen und damit die armen Schafe verschreckt, was mir doch recht leid tat. Einige der blaue Markierungen waren aber hoch genug angebracht, dass ich ihnen folgen konnte und der Wegverlauf in der Inneren Brüelchälen war teilweise gut erkennbar. Ansonsten half nur die Karte und das GPS. Es war eine spannende Erfahrung und wenn ich nicht gewusst hätte, dass es mittags aufklaren sollte, wäre ich nicht losgelaufen. So machte ich es mir zwei Stunden auf dem in dichten Wolken hängenden Aussichtspunkt gemütlich und wartete sprichwörtlich auf besseres Wetter. Dann klarte es tatsächlich auf – und ich konnte nun sehen wo es weitergehen sollte. Und ja, überall waren die tiefen Spalten im Gestein, vor denen mich das Hüttenteam aufgrund der unklaren Schneesituation oben gewarnt hatte.

Ausblick vom Aussichtspunkt Märenspitz nach Norden vom Stausee Waldi über die Glattalphütte bis zum Glattalpsee

Zum Glück lag ab der Märenspitz kaum mehr Schnee, sodass ich nun auch die wunderschöne Karstlandschaft geniessen konnte. Mit ein bisschen Handunterstützung habe ich den bestens markierten Weg fortgesetzt. Und mich beim Überlaufen und Überspringen der Spalten wie ein Kind gefühlt. Falls doch ein Schneefeld den Weg kreuzte, konnte ich es einfach und gut umgehen. Da alle Meter Markierungen am Boden angebracht waren kann man sich auch nicht verlaufen. Ab der Weggabelung am Firner Joch (2’248 m), welches die Kantonsgrenze zwischen Schwyz und Uri markiert, geht es nun nur noch hinab zum Urnerboden; der Alpinweg, der links abgeht ist wegen Felssturzgefahr gesperrt. Der Urnerboden ist übrigens die grösste Alp der Schweiz!

Rückblick kurz vor dem Firner Joch. Wolken, Schnee und Karst zeichnen ein einzigartiges Landschaftsbild
Der Läckistock ragt markant empor – wenn man ihn erkennt

In der offiziellen Tourenbeschreibung gibt es den Vermerk, dass ein Abstecher zum Läckistock (2’486 m) ein lohnendes Gipfelziel darstellt. Mir ist allerdings rätselhaft, was man sich bei diesem Hinweis gedacht hat. Um dorthin zu gelangen, muss man etwa 10 Minuten vor dem Firner Joch im Osten nach Steinmännchen Ausschau halten und weglos dem Grat circa 40 Minuten lang folgen. Wenn man in einer Rinne mit Blick zum Urnerboden Wegspuren entdeckt, hat man es nicht mehr weit zum Gipfelpanorama. Dieser intuitive Ansatz hat leider nicht funktioniert – ich habe noch nicht einmal gemerkt, dass ich irgendwo hätte abbiegen können und bin einfach unwissend am Läckistock vorbeigelaufen.

Urnerboden – mit über 1’200 Kühen die grösste Alp der Schweiz

Vom Firner Joch verlässt man den Alpinweg und beginnt 80-minütigen den rot-weiss markierten Abstieg zum Urnerboden. Im ersten Stück ist diese relativ steil und das lose Gestein fordert ein bisschen Konzentration. Doch es dauert nicht lang bis die Alp Firnen (1’875 m) erreicht ist. Auf dieser kleinen Bergalp werden sogar Getränke verkauft. Die durstige Kehle freut’s! Wer kurz oberhalb den Bergweg aus den Augen verliert, dem sei gesagt: einfach schnurstracks über die Weide spazieren. Weiter geht’s an der Transportseilbahn der Alp vorbei und zur Alp Zingel (1’756 m), die zur Alp Firnen gehört und ein Stück unterhalb liegt. Bei starken Regenfällen verwandelt sich der eigentlich hervorragend präparierte Wanderweg jedoch in einen reissenden Strom mit beeindruckenden Wasserfällen. Ich habe mich darum am Halteseil festgeklammert und versucht unmittelbar unter dem Seil auf aufragenden Grasbüschen zu laufen. Hat man die Alp schliesslich erreicht und ein Schwätzchen mit dem dazugehörigen Bauern geführt, ist man eigentlich quasi schon unten. Der Wanderweg führt nur noch sanft über Wiesen weiter hinab und schon bald dringt das Läuten von Kuhglocken ans Ohr. An der Klausenstrasse angekommen geht es in nordöstliche Richtung noch ein kurzes Stück bis in Zentrum, wo neben der Luftseilbahn Urnerboden – Fisetengrat auch ein kleines Lädchen und unter anderem der Gasthof Urnerboden zu finden ist. Letzterer bietet neben Abendessen auch Übernachtungsmöglichkeiten an, die ich gerne in Anspruch genommen habe. Und so ging bei strahlendem Sonnenschein ein abwechslungsreicher Tage zuneige.

Streckentour
Strecke12.7 km
Dauer6.25 h
Aufstieg1’268 m
Abstieg1’060 m
Niedrigster Punkt1’149 m
Höchster Punkt2’327 m
GPXZustieg Download
Etappe Link
Eckdaten der Tour
Das Gipfelkreuz am Aussichtspunkt Märenspitz