Von der Engstligenalp zum Tierhöri

Von oben sieht die Engstligenalp mit ihrem Skigebiet wie winziges Spielzeug aus

Heute erwartete mich eine tolle Tour mit einer schönen tierischen Überraschung in der Nähe von Adelboden. Fast, als ob der Gipfel seinem Namen alle Ehre machen möchte, konnte ich direkt zweimal Gämse beobachten. Die Augen offen zu halten könnte sich also lohnen! Aber auch ohne Gams ist diese Schneeschuhwanderung eine Überlegung wert.

Auf dem Grat mit Blick auf die markante Erhebung des Tschingellochtighorn (Mitte links)

Los geht es zum Tierhörli (2’894m), auch Tierhörnli genannt, zuallererst ganz gemütlich mit der Seilbahn. Die Talstation der Bergbahn Unter dem Birg – Engstligenalp ist sowohl mit dem öffentlichen Nachverkehr als auch mit dem privaten PKW zu erreichen und verfügt zudem über einen grossen, kostenfreien Parkplatz. Für CHF 35 bringt die Luftseilbahn ihre Gäste von Adelboden hoch zur Engstligenalp und zurück, mit Halbtax ist die Hälfte zu veranschlagen. Im Winter sollte man diesen Service in Anspruch nehmen, da der Wanderweg hinauf unpassierbar und folglich gesperrt ist. Auf der Engstligenalp angekommen geht die eigentliche Tour los – ich war noch positiv überrascht wie wenig im Skigebiet los war.

Den Engstligengrat im Rücken und den Tierhörnli voraus

Weil ich mich prompt verlaufen habe, bin ich unplanmässig die Route anders gelaufen wie angedacht, aber im Nachhinein fand ich meinen Aufstiegsvariante toller als die Originalroute. Auch wenn sie länger gedauert hat. Von der Bergstation aus ging es für mich mehr oder weniger direkt vom Pavillion der Bockbar aus links Richtung Westen in Kehren den Hang hoch. Unterwegs entdeckte ich sogar eine Gams – ich war überrascht sie so nahe eines Touristen-Hotspots zu sehen. Oben angekommen führt ein Sommerwanderweg auf dem Grat entlang und diesem folgte ich grob südwestlich bis zum Tschingellochtighorn (2’735 m). Der Weg ist einfach, dennoch braucht es etwa 80 Minuten bis zum Fuss des Gipfels. Hier teilt sich der Sommerweg und umrundet das Tschingellochtighorn im Form eines Dreiecks. Der Wegweiser ist ein gute Orientierungshilfe. Ich möchte zum Tierhöri und quere den Berg darum rechts, weiter an der Flanke nach Südwesten Richtung Engligengrat. Schaut man zurück hat das Tschingellochtighorn die Form einer Rückenflosse eines Hais mit einem ausgreifendem Balkon am Rückenansatz. Ich muss unbedingt herausfinden ob man dort klettern gehen kann.

Nicht besonders scharf, aber trotzdem toll: Gämse auf der Chindbettihore

Weiter auf dem Grat biegt der Weg schliesslich nach Süden und nach weiteren 60 Minuten erreicht man schliesslich das Wegkreuz Englistengrat (2’615 m). Nach Westen geht es hinab zum Tällisee oder weiter über den Schwartzgratli zum Wyssi Flue (2’472 m). Nach Süden folge ich dem Grat weiter zum Chindbettipass (2’636 m), der nach 20min erreicht sein soll. Mich haben unterwegs allerdings einige Gämse aufgehalten, die auf der Chindbettihore (2’692 m) standen. Total begeistert von dieser Entdeckung musste ich erstmal Fotos machen. Irgendwann musste ich dann leide doch weiter und erreichte den Chindbettipass. Hier wäre von Norden die eigentliche Aufstiegsroute hochgekommen und man sieht etliche Gruppen, die auch diese Variante wählen. Angeblich waren bei dieser Aufstiegsvariante sogar Schneehühner zu sehen. Nagut, bei mir gabs Gämse. Es ist auf jeden Fall unbestreitbar schneller so aufzusteigen. Vom Pass aus gibt es jedenfalls keinen ausgeschilderten Wanderweg, der zum Tierhörnli (2’894 m) heraufführt. Dementsprechend geht es nun „weglos“ immer weiter auf der Schulter hinauf bis fast zum Ziel. Ich habe am Fuss gequert und bin hintenherum von Westen kommend an der Südseite aufgestiegen. Das war eine nicht ganz ungefährliche Kletterei und der kluge Mensch zieht dafür vorher seine Schneeschuhe aus. Die Skifahrer waren intelligenter, aber man lernt ja für den Rückweg. Zur Belohnung wartet neben einer bombastisch tollen Aussicht auch ein Gipfel, auf dem ein schönes Gipfelkreuz thront.

Wer fängt bei dieser Aussicht nicht an zu träumen?

Bei traumhaften Wetterbedingungen zeigen sich (nicht abschliessend): Grossstrubel (3’242 m), Wilhorn (3’248 m), Ammertespitz (2’614 m) Rotstock (2’635 m), Wetterhorn (3’688 m), Eiger (3’967 m), Blümlisalphorn (3’658) Doldenhorn (3’639 m), Breithorn (3’778 m), Aletschhorn (4’193 m), Balmhorn (3’697 m), Rinderhorn (3’449 m), Dom (4’545 m) und sogar der höchste Gipfel der Schweiz, die Dufourspitze (4’634 m)!

Der Grosstrubel erhebt sich markant in Linie zum Gipfelkreuz

Für den Rückweg muss sich jeder selbst überlegen auf welcher Route er oder sie sich sicher fühlt. Ich wollte die Abenteuerquerung vom Tierhörli zum Chindbettipass eigentlich nicht retour laufen; beim Blick in den Abgrund nach Osten von der Originalroute aus gesehen war ich jedoch der Meinung, dass Rückzug zum Chindbettipass eine grandiose Idee ist. Und so bin ich an der Flanke tatsächlich zurück, jedoch nicht ganz bis zum Pass. Etwa auf halber Höhe beschloss ich quer feldein abzusteigen. Der Schnee lies dies zu, dennoch wäre im Nachhinein der Aufstieg über den Chinbettipass der schnellere Weg gewesen. Denn so landete ich schliesslich mitten auf den Pisten des Skigebiets. Abgesehen davon, dass mir nun völlig die Orientierung fehlte, und es sicherlich nicht vorgesehen (oder erlaubt?) ist über die Piste zu spazieren, hab ich jeden Moment befürchtet überfahren zu werden. Grob gesagt sollte man versuchen dem Lift Dossen E02 oder E03 zu folgen, da dieser zum Restaurant Stäghorä führt. Ganz funktioniert dies nicht, vor Ort ist man gut beraten nordöstlich des Lifts am Rand der Piste 104 Gollet unterwegs zu sein.

Vom Restaurant Stäghorä der Blick zurück zum Tierhöri

Wer noch etwas mehr Energie übrig hat, kann auch den Umweg nehmen und sich nordwestlich des Lifts halten. Hier verläuft im Sommer ein Wanderweg im grossen Bogen; oder man versucht es mit den Pisten 107 Stäghorn beziehungsweise 102 Strubel. Vom Restaurant Stäghorä geht der Zubringer-Schlepplift E05 direkt zur Engstligenalp. Ebenerdig ist es nur noch Fleissarbeit bis an der Bockbar ein erfrischendes Getränk oder im Berghotel Engstligenalp ein leckeres Mahl wartet. Im Voraus gebucht kann man sich sogar über ein Fondue im Iglu freuen. Wer überlegt über Nacht zu bleiben hat ebenfalls die Qual der Wahl. Abenteuerlustigen steht sogar eine Nacht in einem solchen Iglu offen. Der Besucher, der eher das Altbekannte schätzt, findet neben dem Berghotel auch im Berghaus Bärtschi ein Herberge. Ansonsten geht’s mit der Bergbahn wieder zurück Richtung Adelboden.

Rundtour
Strecke9.3 km
Dauerca. 5.00 h
Aufstieg1’028 m
Abstieg1’028 m
Niedrigster Punkt1’946 m
Höchster Punkt2’894 m
GPXDownload
Eckdaten der Tour

Das Gipfelkreuz des Tierhöri

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