Schibengütsch und Hengst

Das Karstgestein und das Wolkenspiel ergeben ein einzigartiges Duett

Ausgangspunkt dieser tagesfüllenden Tour ist der kostenfreie Parkplatz Wagliseiboden (1’316 m) in der UNESCO Biosphäre Entlebuch. Google zeigt dort das Ferienhaus SEC an. Falls der kleine Parkplatz bereits voll sein sollte, kann man auch noch bis zur Alpwirtschaft Schlund fahren hochfahren – unterwegs hat es noch zwei weitere Parkflächen sowie eine unterhalb der Alp. Die Tour ist mit 6.5 h beschrieben, ich war jedoch gemütlich 9 h unterwegs. Obwohl es sich um ausschliesslich um rot-weisse und damit T3-Wege handelt, kosteten unzählige Schnee- und Geröllfelder wahnsinnig viel Zeit. Wer zudem über den Hächle möchte, sollte sich auf zusätzliche Wegzeit und Kraxeleien einstellen – ich bin unten rum. Und ganz wichtig: Stirnlampe einpacken! Man wird sie brauchen.

Die Bergkette der Schrattenfluh von einem der Parkplätze unterhalb der Alp Schlund

Aber zuerst geht es ganz entspannt immer der Strasse nach zur Alp Schlund. Hierfür braucht man etwa 30 min und kann während dieser Zeit bereits linksseitig die Bergkette der Schrattenfluh intensiv studieren, auf deren Rücken man später unterwegs sein wird. Das Karstgestein mit seinen zerklüfteten Karrenfeldern beeindruckt dabei nicht nur Geologen, sondern auch den normalen Wanderer. Die Gipfel hingen zum Teil noch in Wolkenfeldern und ich hatte mir damit schon begonnen Sorgen zu machen ob das nicht eine ziemliche neblige Angelegenheit werden sollte. Dabei hatte ich extra vorher nochmal den Wetterbericht studiert! Long story short: Sonne blieb Mangelware. Von der Alp führt ein Wanderweg Richtung Südwesten über Chlus (1’774 m) zum Schibengütsch (2’037 m).  Der gemütlicher Schotterweg zur SAC Chlushütte, welche angemietet werden kann, ist leicht begehbar und eine Gedenkstätte kurz vor der Hütte erinnert an die in den Bergen Verstorbenen. Laut Wegweiser sind es nun noch 55 Minuten zum ersten Gipfel, ich habe allerdings deutlich länger gebraucht. Über Schneefelder ging es auf der westlichsten Aufstiegsroute steil bergauf und da wo der unmarkierte Weg verlief war es rutschig. Zarte Gemüter sollten vielleicht eine andere Option zum Gipfel wählen.

Die Verteidungsstelle A2370 Infanteriewerk Schybenaufstieg

Denn davon abgesehen gab es noch eine weitere Überraschung für mich: Man wird zu einem verlassenen Militärunterstand im Fels geführt, den es sich lohnt zu erkunden. Man sieht die alten Betten und bekommt ein gutes Gefühl dafür wie es sein mochte dort zu leben. Rechts vor der Eingangstür zum Unterstand wird der Wanderweg jedoch nach oben geleitet. Der Blick zeigt, dass es nun via Leiter weitergeht. Hier kommt die besagte Stirnlampe zum Einsatz. Es wird irgendwann stockfinster, man sieht die Hand vor Augen nicht mehr. Dazu ist es feucht, von oben tropfte schmelzender Schnee die Leitern hinab. Achtung, Rutschgefahr! Und für wen das noch nicht abenteuerlich genug ist (ich hatte natürlich keine Lampe dabei): Im finstersten Teil ist die Leiter zweigeteilt. Das bedeutet man steht auf der unteren Leiter und greift nur noch ins Leere. Über einem beginnt dann irgendwo die zweite Leiter, aber das Gelände ist nicht miteinander verbunden. Da auf der ganzen Leiter die Sprossen viel weiter auseinander sind als bei normalen Leitern hilft nur Mut kombiniert mit einer guten Portion Vorsicht. Zur Belohnung gibt’s bei gutem Wetter eine tolle Aussicht: im Süden ist die Bergkette des Brienzer Rothorns und dem Hohgant zu bewundern, weiter schweift der Blick über das Mittelland bis ins Jura. Bei Sonne ein lohnender Ort zum Verweilen!

Die Brienzer Rothorn-Kette lag am Morgen noch in der Sonne
Blick unterhalb des Schibengütsch zurück nach Chlus

Nun folgt man der Kette laut Wegweiser etwa 1 h lang in nordöstliche Richtung über das Türstehäuptli (1’960 m) bis zum zweiten Gipfel, dem Hengst (2’092 m). Wie bereits erwähnt – Schnee und Geröll haben in meinem Fall dafür gesorgt, dass es deutlich länger dauerte. Und nicht wundern wenn am nächsten Wegweiser steht, dass man zum Türstehäuptli immer noch 15 Minuten vor sich hat. Auf dem Weg zum Hengst gibt es sowohl am Türstehäuptli als auch an einem Abzweig auf 2’032 m die Möglichkeit nach Chlus abzusteigen und die Tour damit zu verkürzen. Ebenso ist es eine Option kurz vor oder nach dem Gipfel zur Alp Schlund wieder abzusteigen. Der Hengst ist der höchste der vier Gipfel des Schrattenfluh-Gebirgsstocks und Richtung Nordosten sind der Hächle (2’089 m) sowie der Strick (1’948 m) zu sehen. Vom Hengst aus geht es noch etwas weiter der Schrattenfluh-Kette entlang zum Turm (1’921 m) und anschliessend zur Heftihütte. Man folgt den Wegweisern Richtung Turm / Heftiboden / Flühli, danach Bodenhütten / Sörenberg / Hirsegg.

Wolkenspiel Richtung Osten vom Hengst aus
Schnee, Geröll, Wiese, Nebel, ein Fleckchen blauer Himmel – alles dabei 🙂

Von hier aus beginnt der Abstieg, der sich die wunderschöne Karstlandschaft von ihrer besten Seite präsentieren lässt. Der Weg ist herrlich – bis man zur Alp Bodenhütten (1’442 m) gelangt. Dass auf der Weide Mutterkühe grasen, ist nicht vermerkt und die Tiere sind hochaggresiv. Ich weiss nicht wie man auf die Idee kommen kann, die Tränke unmittelbar und direkt zwischen Gebäude und dem einzigen Ausgang der Weide zu platzieren – eingezäunt mit Stacheldraht. Obwohl ich noch weit oberhalb der Tränke stand, haben alle Kühe gedroht und zwei haben sich zum Angriff parat gemacht. Zu dem Zeitpunkt wusste ich noch nicht einmal, dass Kälber an der Tränke standen. Ich konnte mich dann nur damit retten am hintersten Ende der Weide mit dem Bauch auf dem Boden unter dem Stacheldraht auf die Strasse zu robben. Nicht lustig. Hat man die Kühe so gerade überlebt, orientiert man sich weiter Richtung Silwängen / Salwidili / Sörenberg. Man läuft durch schattigen Wald, stellenweise ist es moorig und matschig aber dennoch sehr schön. Manchmal musste ich den Weg etwas suchen bis ich an einer weiteren Alp herausgekommen bin. Zum Glück diesmal mit friedliebenden Tieren. Ab der Alp Silwängen (1’550 m) erreicht man flugs in 15 Minuten wieder die Alp Schlund, wo ein erfrischendes Getränk wartet. Jetzt kann nichts mehr schiefgehen – auf der Schotterstrasse geht es nun leichten Schrittes zurück bis zum Parkplatz.

Rundtour
Strecke17.3 km
Dauerca. 6.5 h
Aufstieg1’109 m
Abstieg1’109 m
Niedrigster Punkt1’319 m
Höchster Punkt2’092 m
GPXDownload
Eckdaten der Tour
Das Gipfelkreuz des Hengst im aufziehenden Nebel

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