7-Gipfel-Tour ab Tannenboden

Der Grosssee, im Rücken liegt das Hotel Seebenalp

Diese Tour von Heidiland Tourismus hat mich schnell begeistert. Sieben Gipfel während einer einzigen Tour zu besuchen und das auch noch in einer akzeptablen Zeit klang fantastisch. Von der Bergstation Maschgenkamm auf 2’020 m beginnt die offizielle Beschilderung mit der Nummer 7 und damit auch die sehr schöne Gratwanderung über insgesamt sieben Gipfel der Flumser Bergwelt. Sie führt über Ziger (2’074 m), Leist (2’222 m), Rainissalts (2’258 m), Mütschüelergulmen (2’315 m), Cuncels (1’937 m), Chli Güslen (1’868 m) und Gross Güslen (1’833 m). Und so ging es dann im September für mich los.

Links die Bergstation Prodkamm mit Blick auf die Churfirsten und ins Ratikon

Ausgangspunkt ist der grosse Parkplatz Tannenboden am Flumserberg. Entweder man parkiert kostenfrei an der Bushaltestelle Tannenboden Dorf, ein Stück oberhalb Richtung Seilbahn oder direkt unterhalb der Seilbahnanlage Flumserberg. Ich bin wie üblich ohne die Unterstützung der Seilbahn aufgebrochen, was die Tour mit 2 Stunden Gehzeit deutlich verlängert hat. Von Tannenboden Dorf (1’350 m) geht es erst einmal die Strasse hoch zur Seilbahnanlage. Wer nochmal auf Toilette muss, hat hier die Gelegenheit dazu. Weiter geht es hinter dem Bauernhof links, aber eigentlich ist es fast egal. Es gibt zig Wege hinauf, solang man der Beschilderung Chrüz als erste Zwischenetappe folgt ist alles gut. Hier gibt es neben dem Bergrestaurant Chrüz auch eine Sommerrodelbahn und einen Kletterturm, dementsprechend viele Gäste sind unterwegs. Vom Restaurant führt der Weg erst einmal in südöstliche Richtung weiter gen Prodalp. An der Abzweigung folgt man dem Wegweiser dann jedoch nach Südwesten zum Prodkamm (2’006 m).

Auf dem Weg zum Maschgenkamm mit dem markanten Spitzmeilen (2’501 m) im Sichtfeld

Der Weg ist leicht und relativ anspruchslos, man kommt also gut voran. Später wird die Beschilderung jedoch immer weniger und eine Vielzahl von Pfaden sorgt dafür dass man leicht vom eigentlichen Weg abkommt. Solange es weiter bergauf geht, ist dies prinzipiell nicht schlimm. Aufpassen muss man jedoch wenn man seinen Weg verloren hat und auf einen der vielen Trails der Mountainbiker stösst. Hier weiterzulaufen ist keine gute Idee – ich spreche aus Erfahrung. Lieber zügig queren  und den Trail nur als Orientierung nutzen. Auch der Prodkamm ist mit einer Seilbahnstation und einem Restaurant ausgestattet sowie einer Funkantenne; alles befindet sich jedoch unterhalb des Gipfels auf 1’934 m. Wer möchte, kann hier noch aufsteigen, ich habe darauf verzichtet. Vom Restaurant Prodkamm umrundet man in 40 Minuten den Gipfel von Osten über Süden nach Westen und passiert den Maschgenkamm (2’007 m) nördlich. Spuren zeigen, dass dieser durchaus regelmässig begangen wird auch wenn kein offizieller Weg hinaufführt. Ich muss wohl nicht erwähnen, dass ein kurzes Stück weiter an einem Wegpunkt namens Maschgenlücke ein Kiosk mit Verpflegung aufwartet, noch, dass sich eine weitere Seilbahnstation und das Panoramarestaurant Maschgenkamm in der Nähe befinden. Was für ein durchkommerzialisierter Ort; im Winter muss die Hölle los sein. Nichts für mich.

Blick Richtung Nordost vom Ziger. Gut zu sehen die Bergstation Maschgenkamm

Dafür beginnt nun die eigentliche Gipfeltour und wie von Geisterhand verschwinden die Massen. Dabei ist der Ziger nur einen Katzensprung vom Maschgenkamm entfernt. Vielleicht schreckt der Gratweg, an einigen Stellen ist es abschüssig und Trittsicherheit ist erforderlich. Dafür stand ich alleine mit einem anderen Wanderer dort oben und konnte die Landschaft um mich herum bestaunen. Wunderschön – wenn nur die ganzen Skilifte nicht wären. Egal wo man hinschaut, überall stehen die Lifte in der Gegend. Perfekt einzusehen ist der Weg bis zum Mütschüelergulmen, dem höchsten Gipfel auf meiner Route. Etwa 30 Minuten brauchte ich vom Ziger zum Kreuzungspunkt Zigerfurgglen, wo mich das letzte Mal ein Pulk an Menschen erwartete. Schnell bin ich schnurrgerade nach Westen wieder aufgestiegen. Der Weg wurde gerade neu gemacht, was ich recht traurig zur Kenntnis genommen habe. Bis zum Erreichen der Maschinen war der einst schöne Bergweg zu einer Autobahn in Bau verkommen. In meinem Augen ein völlig unnötiger Akt der Zerstörung für Nichts. Denn der Leist ist im Winter ebenfalls über eine Seilbahn zu erreichen und im Sommer unschwierig zu begehen – auch wenn hier wie bereits geschildert stimmt, dass man sehr leicht vom offiziellen Weg abkommen und stattdessen einem der vielen (Kuh-)Pfade folgt. Was aber immer noch kein Problem ist, denn der Gipfel ist unmöglich zu verfehlen und das Gelände auf den Kuhpfaden maximal einem T3 entspricht.

Vom Leist kann wunderbar der Weg bis zum Hoch Camatsch eingesehen werden

Vom Leist folgt man dem schönen Wiesenpfad weiter Richtung Südosten, passiert den Spitzmantel und hält sich an einer Weggabelung an den oberen Weg, also rechts. Nach einem kurzen Aufstieg erreichte ich den Aussichtspunkt am Rainissalts. Der Gipfel selbst liegt einige Meter vom markierten Aussichtspunkt entfernt, ist jedoch im Sommer trotzdem unerreichbar. Ausser man möchte über einen Stromzaun klettern und sich mitten in eine grosse Kuhherde stellen. Entlang des Zauns ging es für mich wieder hinab und auf dem Kamm schliesslich erneut hinauf. Diesmal auf den Mütschüelergulmen, Nummer 4 der Gipfeltour. Da es schon spät wurde, war die Pause, die ich hier einlegte, extrem kurz. Der Rückweg nimmt mit 4h 15min viel Zeit in Anspruch; mer als ich ursprünglich eingeplant hatte. Der Abstieg zum Wegpunkt Hoch Camatsch (2’224 m) ist recht steil und obwohl der Gipfel (2’237 m) verlockend aufragt, führt mich mein Weg abwärts Richtung Norden. An einem Bauernhof, der den vorerst tiefsten Punkte markiert, biegt der Weg rechts ab. Es folgt der Aufstieg zum Harfenseeli, am Munzfurgglen, Melchplatz und Hängstfelli vorbei zum Chrüzen (1’905 m). Letzterer ist vom Wegweiser Hoch Camatsch aus nach circa 1.5 h erreicht. Hier treffen einige Wanderwege aufeinander, zum Chli Güssi sind es aber nur noch 30 Minuten. Und so begleitete mich mit etwas Abstand ab hier eine Dreier-Gruppe, deren Gespräch in der sonstigen Stille fast schon störend wirkte.

Auf dem Weg zum Cuncels, Gipfel Nummer 5

Zum Cuncels ist es nun nicht mehr weit, immer auf dem Grat entlang bieten sich zudem tolle Ausblicke. Auch der Blick zurück sollte dabei nicht vergessen werden, denn in den späten Nachmittagsstunden im Spätsommer beziehungsweise Frühherbst ist ein wirklich schönes Farbenspiel zu beobachten. Immer weiter Richtung Norden folgen schliesslich die Chli Güslen und Gross Güslen und damit die letzten Gipfel der Tour. Auf letzterem ist sogar eine Bank, die den perfekten Blick auf den Walensee und die Churfirsten bietet.

Vom letzten der 7 Gipfel, dem Gross Güslen, geht es hinunter zur Seebenalp (rechs)

Nun geht es 35 Minuten nur noch bergab und meine Motivation sank zugegebenermassen parallel dazu enorm. Dabei warten nun der Heusee (1’620 m), der Grosssee und der Schwarzsee auf Gäste. Wer unterwegs mitgezählt hat, sollte laut Heidiland tatsächlich insgesamt 14 Seen auf dieser Tour entdeckt haben. Ich gebe zu, ich habe dies nicht geprüft. Zwischen Schwarzsee und Grosssee liegt das Bergrestaurant und Hotel Seebenalp (1’622 m), in welchem natürlich auch übernachtet werden kann. Zusätzlich bietet sich die Gelegenheit für eine Bootstour und sind wir ehrlich – solange man die Schotterstrasse zur Alp ignoriert ist es ein sehr idyllisches Plätzchen Erde wo man gut verweilen kann. Die Fleissarbeit für die Beine beginnt aber erst jetzt so richtig: stolze 5 Kilometer möchten noch zurückgelegt werden bis Tannenboden Dorf und dafür ist noch eine weitere gute Stunde einzurechnen. Auf der Schotterstrasse geht es zügig voran und an einer grossen Kreuzung gibt es die Möglichkeit nach Osten zum Bergrestaurant Chrüz zu queren um die Seilbahn als Abkürzungzu nutzen. Ansonsten führt der Weg immer weiter nach Nordosten zurück zu der Talstation der verschiedenen Seilbahnen.

Rundtour
Strecke19.3 km
Dauer7.25 h
Aufstieg1’281 m
Abstieg1’281 m
Niedrigster Punkt1’351 m
Höchster Punkt2’316 m
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Eckdaten der Tour
Selbst Asterix und Obelix sind hier schon vorbeigekommen 😉

Säntis via Rotsteinpass und Tierwies

Oberhalb des Berggasthauses Alter Säntis

Der Säntis ist der höchste Gipfel der Kantone Appenzell-Innerrhoden und Appenzell-Ausserrhoden und markiert gleichzeitig die Grenze zum Kanton St. Gallen. Er gilt als „Must-Have“, irgendwann muss man oben gewesen sein wenn man in der Schweiz wohnt. Also habe ich mich entschlossen an einem schönen Tag im August diesem Touristenmagneten ebenfalls einen Besuch abzustatten.

Die Aufpasser am Wegesrand

Gestartet bin ich vom Parkplatz Laui, 9657 Alt St. Johann in St. Gallen. Dort gibt es neben einem Grillplatz auch einen kleinen Kiosk und eine Toilette  – ein Ausflugsziel unabhängig vom Säntis. Der Parkplatz ist gross und kostet CHF 5 pro Tag. Ich hatte vor einiger Zeit gehört, dass diese Aufstiegsroute auch im Winter möglich ist und wollte es mir mal anschauen. Im Gegensatz zur Normalroute welche über die sogenannte Himmelsleiter führt, hatte ich auch die Hoffnung, unterwegs auf weniger Menschen zu stossen. Insgesamt war ich mit dieser Variante inklusive Pausen 9.5 h unterwegs. Etwas Zeit mitbringen ist also eine gute Idee.

Man folgt der Strasse Richtung Nordosten und erreicht nach circa 10 Minuten Alpli auf 1’085 m. Der Wegweiser verspricht eine Aufstiegszeit zum Säntis von 5 Stunden über Tierwies, aber ich wollte ja zum Rotsteinpass (2’122 m) welcher mit 3h 40min angegeben ist. Vorbei an Thurwies (1’205 m) und Gersellen (1’266 m), das Ziel stets im Blick, geht es immer weiter auf einem sehr einfachen rot-weiss markerten Bergweg hinauf bis nach Schofbode-Brünne (1’868 m). Hier trennt sich der Weg, die Differenz zwischen Tierwies und Rotsteinpass wird mit 10 Minuten Gehzeit angegeben. Bis hierher habe ich 2 h gebraucht und die Aussicht das Berggasthaus Rotsteinpass in 45 Minuten zu erreichen liess mich meine notwendige Pause doch nochmal nach hinten verschieben. Insbesondere da der Weg so leicht ist und es keine anspruchsvollen Schlüsselstellen bis zum Gasthaus gibt konnte ich das gut verantworten.

Vom Berggasthaus Rotsteinpass führt der Lisengrat zum Säntis

Nur als ich 30 Minuten später dort ankam, traf mich fast der Schlag. Das Gasthaus platzte aus allen Nähten, jedes Plätzchen in der Sonne war belegt und alles wuselte wie in einem Ameisenhaufen. Dabei war es erst 10.40 Uhr und mir schwante das erste Mal was mich auf dem Säntis erwarten würde. Die ganzen Menschen mussten schliesslich irgendwo hergekommenen und mein Weg war tatsächlich bisher recht einsam gewesen. Also wurde die Pause auf das absolute Minimum beschränkt um schnell weiterzukommen; denn entspannt fand ich es hier nicht. Trotzdem lohnt sich ein Blick umher – die Aussicht ins Appenzellerland und Toggenburg ist wunderschön.

Der Lisengrat erfodert Trittsicherheit und Schwindelfreiheit

1h 35min zum Gipfel klang zudem fair und so marschierte ich frohgemut los. Erwartet hatte ich weiterhin einen gemütlichen Wanderweg, aber schnell musste ich diese Vorstellung revidieren. Der Weg wurde ein schöner Steig, nahezu vollständig mit Ketten versiert, viel auf und ab, toller Aussicht. Schwindelfreiheit ist ein Muss, denn der Lisengrat ist schmal und beinhaltet auch Kraxelei, sodass häufig ein Überholen oder Ausweichen nicht möglich ist. Ein Nadelöhr also bei viel Betrieb. Ich hatte Glück und es war noch nicht allzu viel los, sodass ich gut durchgekommen bin. Leider habe ich durch den selbstgemachte Druck, dass mir jederzeit eine grosse Gruppe entgegenkommen könnte, das Panorama viel zu wenig genossen. Stattdessen habe ich mich durch den Steig gehetzt – das nächste Mal würde ich es mit einer gelasseneren Einstellung versuchen. Die letzten 400 Höhenmeter zum Gipfel des Säntis waren also eher stressig, was aber an mir lag und nicht an der Route selbst. Der Steig kostet Zeit denn so wirklich viel Höhenmeter Richtung Gipfel macht man nicht – eher Strecke. Umso mehr habe ich mich gefreut, als hinter dem Steig, vor dem Chalbersäntis (2’370 m) ein wunderschönes Plateau wartete. Hier sassen schon wenige andere Säntis-Aspiranten und haben die Landschaft auf sich wirken lassen. Es lohnt sich hier eine Rast einzulegen. Obwohl am Weg gelegen ist viel weniger los als am Gipfel, die Menschen verteilen sich und alles wirkt etwas entrückter.

Der Blick zurück. Links der Lisengrat, rechts der Säntisgipfel, mittig eine Auf-/Abstiegsvariante Richtung Laui

Von hier aus geht es dann hinauf zum Berggasthaus Alter Säntis, wo man als Alternative zum Säntis-Hotel ebenfalls übernachten kann. Ich habe etwas gebraucht um mich danach zurechtzufinden – auf 2’460 m steht ein Wegweiser mit Standort Säntis, der noch 10 min Gehzeit bis zur Seilbahn Säntis-Schwebebahn anzeigt. Die Seilbahn verläuft parallel zur Normalroute und kostet ohne Rabatte CHF 38 pro Person für eine Einzelfahrt. Sie lässt sich somit gut nach dem eigenständigen Aufstieg via Himmelsleiter für den Rückweg nutzen. Meine Route verlief dann am Gebäude links vorbei durch einen offenen Tunnel und über etliche kleine Treppen bis ich nach einigem kreuz und quer sowie einer unbeabsichtigten Stipvisite am Terrassen-Restaurant, schliesslich den höchsten Punkt ausgemacht hatte.  Nach weniger als 4 Stunden war ich also oben! Und war doch so enttäuscht. Vom Säntis aus kann man bei gutem Wetter in sechs Länder sehen: Frankreich, Deutschland, Österreich, Lichtenstein, Italien und natürlich die Schweiz selbst. Hier begegnete mir das erste Mal ein Gipfel namens Kuchenspitz (3’148 m) in den Österreichischen Alpen, aber auch bekanntere Namen wie Piz Bernina (4’049 m), Piz Sardona (3’056m), Bifertenstock (3’421 m), Selun (2’205 m), Tödi (3’614 m), Clariden (3’268 m), Leistkamm (2’101 m), Finsteraarhorn (4’274 m), Schreckhorn (4’078 m), Titlis (3’238 m) und Wetterhorn (3`701 m).

Links ist das Berggasthaus Alter Säntis zu erkennen. Ein schönerer Pausenort als der Gipfel selbst

Nach 1.5 h Stunden oben, die ich eher halb dösend auf einer der Bänke verbracht habe als wirklich geniessend, war klar, dass ich einen anderen Weg hinab als hinauf nehmen wollte. Ein Blick auf die Karte verriet, dass der Weg über Tierwies eine gute Option sei und so bestand nun die Herausforderung darin herauszufinden wo ich dafür denn nun absteigen müsste. Etwas ziellos irrte ich dafür am und um den Gipfel herum, habe dabei die Säntis-Ausstellung inspiziert und irgendwann endlich den „Ausgang“ gefunden. Durch das grosse Treppenhaus herunter, an einer Tür, die aussieht wie ein Notausgang, ist ein Wanderschild angebracht. Dort hindurch, über eine Wendeltreppe hinunter, durch einen Tunnel, der Beschilderung nach links Tierwies folgen und dann stand ich dort, wo ich eigentlich gehofft hatte, drum herum zu kommen: an der Himmelsleiter.

Gipfel, Seilbahn und Himmelsleiter direkt im Fokus

Die Himmelsleiter ist schmal und recht steil, durchgehend mit Ketten abgesichert und gut zu passieren. Zum Teil sind Stufen präpariert, meist sind jedoch natürliche Tritte zu benutzen. Durch die Enge und Ausgesetztheit hat es alpinen Charakter, ist jedoch sonst unschwierig. Aber eben ein Nadelöhr. Stau ist vorprogrammiert allein schon durch die unvorstellbare Menschenmasse, die sich dort entlang wälzt. Und so ging es nur im Schneckentempo voran. Für diese wenigen Meter habe ich 10 Minuten im Abstieg benötigt und hatte dabei wahnsinnig Glück, dass meine Truppe zu den trittsicheren Personen gehörte. So sind wir zügig abgestiegen und sind überall, wo es auch nur ansatzweise möglich war, der Menschenmasse auf der Leiter ausgewichen. Ich denke, 30 Minuten Zeit sollte man mindestens für diese Stelle einplanen – insbesondere im Aufstieg. Unten angekommen wollte ich noch auf den Girenspitz (2’448 m), nördlich vom Säntis gelegen. Dieser eher unscheinbare Gipfel hat für alles entschädigt: Eine zumindest nach Norden hin unverbaute Panoramasicht, Unterhaltungsprogramm im voreingestellten Sender „Himmelsleiter“, Ruhe und Einsamkeit. Wir waren zu dritt auf diesem vergessenen Berg und haben hier das gefunden, was wir auf dem Säntis so vermisst haben. Hätte ich das vorher gewusst.

Aussicht Richtung Südost-Süd vom Girenspitz

20 Minuten später habe ich mich dann schweren Herzens an den Abstieg gemacht, eingeplant hatte ich hierfür ursprünglich mal 2.5 h, 3h 15min sind realistischer. Nach Tierwies (2’085 m) ist es etwas mehr als eine Stunde vom Kreuzungspunkt unterhalb der Himmelsleiter. Dieser Wegabschnitt war wieder deutlich weniger begangen, im Vergleich zum Aufstieg bis zum Lisengrat verhältnismässig anspruchsvoll und sehr schön in die Karstlandschaft eingebettet. Ab dem Berggasthaus Tierwis führt der rot-weisse Wanderweg knapp 2 Stunden wieder nach Süden, bis Thurwies, von wo der Weg wieder bekannt ist. Spätestens hier wird es ruhig um einen herum. Vom Gefühl her zieht sich der Abstieg, immerhin sind es noch 1’000 Höhenmeter zum Parkplatz Laui. Nichtsdestotrotz ein genussvoller Abstieg, ich hätte gerne ein Zelt zum Übernachten aufgeschlagen. Zurück in Laui überraschte mich eine Hochzeitsgesellschaft; ich konnte problemlos nachvollziehen warum sie sich diesen Ort für ihre Feier ausgesucht hatten.

Rundtour
Strecke17.2 km
Dauer7.5 h
Aufstieg1’553 m
Abstieg1’553 m
Niedrigster Punkt1’072 m
Höchster Punkt2’502 m
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Eckdaten der Tour
Der Abstieg von Tierwies nach Laui

Starkenbach, Churfirst Selun und zurück

Der Alpstein mit dem Säntis als höchsten Gipfel der Kantone Appenzell Ausserrhoden und Appenzell Innerrhoden

Um kurz nach 8 Uhr am Morgen habe ich das Auto am kleinen Parkplatz an der Talstation der Selunbahn parkiert und damit fast den letzten freien Stellplatz erwischt. Im Winter ist der Parkplatz kostenfrei, im Sommer den Nutzern der Kistenbahn Starkenbach-Selun vorbehalten – sofern man die Bahn findet und nicht wie ich zweimal an der winzigen Strasse am Restaurant Churfirsten vorbeifährt.

Auf dem Rücken des Selun (Mitte) geht es gemütich hinauf. Weiter rechts der Leistchamm
Die Churfirsten (links) sehen auch von dieser Perspektive beeindruckend aus

Der Selun (2’205 m) als Westlichster der Churfirsten ist Sommer wie Winter ein beliebtes Ausflugsziel und der Aufstieg ist unten im Tal mit circa 4h 15min angegeben. Die Route im Winter folgt tatsächlich weitestgehend dem Sommerweg und aufgrund seiner Beliebtheit sind in der Regel genügend Spuren vorhanden um die Orientierung zu erleichtern. Vom Parkplatz Säss (909 m) geht es allerdings erst einmal quer über die Wiese hoch hinauf und kurze Zeit später ist man dem Wanderweg folgend in Hofstatt auf 1’051 m angekommen. Von hier sind 3h 45min zum Gipfel und der Blick Richtung Nordosten zeigt schon das Bergmassiv des Säntis in voller Pracht. Immer weiter dem Wanderweg nach ist man dann auch schon so gut wie an der Bergstation der Seilbahn (Vordere Selunalp auf den Wegweisern) angekommen.

Die Alp Strichboden mit dem Säntis im Hintergrund

Kurz vorher hält man sich jedoch links um sich zur Wildmannli Hütte, einer im Winter leider geschlossene Alpwirtschaft, zu orientieren. Da die Hütte von der Bergstation aus sichtbar ist und nur wenige Minuten entfernt liegt, stellt dies kein Problem dar. Die Route führt allerdings oberhalb der Hütte vorbei, der Wegpunkt den man passiert heisst Strichboden und liegt auf 1’620 m. Leider hiess dies jedoch auch, dass ich nicht am Wildmannlisloch vorbeigekommen bin, einer alpinen Karsthöhle. Mittlerweile bedauer ich es, nicht den kleinen Umweg von 10 Minuten genommen zu haben um nachzuprüfen ob die Höhle begehbar ist. Ich war schlicht zu faul nochmal 40 Meter ab- und wieder aufzusteigen. Schande auf mein Haupt 😀 Die gute Nachricht: Von Strichboden sind es nur noch weniger als 600 Höhenmeter und gerade einmal 1h 35min bis zum Gipfel! Wer genau hinschaut kann auf dem Selun, der direkt vor einem liegt, die schwarzen Punkte erkennen die sich den Berg hinaufschlängeln. Dieser Aufstiegsroute über den breiten Rücken werde auch ich folgen und bin noch unschlüssig zu beantworten ob ich so langsam bin oder die anderen Winterfans einfach nur vor mir aufgestanden sind. Der restliche Anstieg Richtung Süden ist nur noch Fleissarbeit und weder technisch anspruchsvoll noch in der Tourenskispur besonders steil. Oben angekommen verzaubert die Aussicht auf den Walensee direkt unter mir, den Firzstock im Süden, den ich morgen besuchen werde, die benachbarten Churfirsten und natürlich den gegenüberliegenden Alpstein mit Schafberg und Säntis.

Alpstein, Churfirsten, Walensee – was will man mehr
Der Blick von Südwesten nach Norden

Nach einer fast 3-stündigen Mittagpause war dann doch mal Zeit für den Heimweg und dem Panorama im Süden erst einmal auf Wiedersehen zu sagen. Beim obligatorischen Gipfelkreuzfoto sollte ma jedoch aufpassen: der Mittelbalken ist lose. Zurück zum Parkplatz geht’s auf der gleichen Route die man hochgekommen ist und der Abstieg geht unfassbar flugs. Wer noch Lust und Energie hat, kann im Sommer bei Strichboden Richtung Westen einen Abstecher zur Ochsenhütte auf der Alp Selun machen, die in etwa 25 minütiger Entfernung liegt und sich dort statt in der Wildmannli Hütte stärken. Im Winter muss man warten bis man zurück im Tal ist, welches ich in einer guten Stunde erreicht hatte.

Übrigens: Wer von Starkenbach alle sieben Churfirsten (Selun, Frümsel, Brisi, Zuelstoll, Schibenstoll, Hinterrugg und Chäserrugg) an einem Tag bewältigt, hat erfolgreich die Kaiserroute begangen. Klingt als ob ich ein weiteres Sommerziel habe 🙂

Rundtour
Strecke11.3 km
Dauer6.15 h
Aufstieg1’294 m
Abstieg1’294 m
Niedrigster Punkt907 m
Höchster Punkt2’205 m
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Eckpunkte der Tour
Das noch halb eingeschneite Gipfelkreuz bei Ankunft. Der Himmel verbreitet keine einladende Stimmung

Über Flügenspitz und Leistchamm

Der Blick zurück vom Flügenspitz über Amden

Diese Tour ist gemütlich und streng zugleich, sodass sie in Abwandlung ohne den Leistchamm, der den anspruchsvollen Teil ausmacht, auch als Nachmittagsrunde zu gehen ist. Startpunkt ist der Ortsteil Arvenbüel von Amden, und wer dazu noch Leistkammstrasse ins Navigationsgerät eintippt hat die Wahl zwischen gefühlt hunderten mittelgrossen Parkflächen. Alle Bereiche sind kostenpflichtig, man zahlt am Automaten CHF 1 / Stunde. Man sollte Kleingeld dabei haben oder einen TWINT-Account besitzen, sonst kann nur die Hilfe der Einweiser beim Tausch Schein gegen Münzen retten. Von einem der Parkflächen ausgehend sucht man erst einmal den Weg hinab zu den Skiliften; hierzu der Leistkammstrasse folgen, am ersten Schild den Rundweg 2 einschlagen und wenige Meter später allerdings auf der Strasse bleiben und nicht weiter dem Rundweg nach. Man kommt am Skilift Arven vorbei und steht eine Minute später an einer kleinen Brücke über den Beerenbach nach der man die Schneeschuhe anziehen kann. Als ich diese Tour unternommen habe, hätte man jedoch auch auf Schneeschuhe verzichten können beziehungsweise waren einige als Winterwanderer unterwegs. Selbst das immer wieder knietiefe Einsinken am Leistchamm konnte sie nicht schrecken.

Beim Aufstieg zum Flügenspitz durchquert man auch oberhalb der Alp Looch ein offenes Wäldchen

Ein Teil der Route ist ein ausgeschilderter Wintertrail, lediglich der Leistchamm ist im Winter unbeschildert. Von der Brücke bleibt man auf der Strasse, auch wenn diese im Schnee nicht erkennbar ist. Den Spuren ist einfach bis nach Looch zu folgen, man kann fast nichts falsch machen. Kurz vor der geschlossenen Alp Looch, deren Schicksal aktuell noch ungewiss ist, bin ich an der einzelnen Hütte auf der Egg vorbeigekommen, an der ein Wanderweg über Brittertannen nach Arvenbüel oder Altschen abführt. Die Hütte auf circa 1’470 m wird gerne als Pausenplatz genutzt, aber da die Sonne erst spät hierhergelangt und es noch früh war bin ich weitergelaufen. Kurz hinter Looch, welches aus mehreren Hütten besteht und im Sommer auch eine Bewirtung anbieten, hat man die Wahl dem schwarzen oder dem normalen Schneeschuhtrail zum Flügenspitz (1’701 m) zu folgen. Da kein grosses Lawinenrisiko bestand, bin ich dem schwarzen Weg gefolgt, der direkt und eher steil zum Gipfel führt. Die letzten Meter sind dann wirklich sehr steil und ich war froh, dort nicht wieder auf Schneeschuhen herunterzumüssen. Der Flügenspitz ist im Vergleich zum Leistchamm (2’101 m) zur eine kleine Anhöhe aber man hat einen malerischen Blick auf den Gulmen (1’789 m), Vorder Goggeien (1’631 m) und den Mittagberg (1’549 m). Auf dem Grat entlang Richtung Südosten geht es direkt auf den Leistchamm hinauf. Auf dem First auf 1’663 m steht ein Wegweiser, der den Sommerweg auf den Gipfel hinauf anzeigt. Wer nur eine gemütliche kleine Nachmittagstour unternehmen wollte, steigt einfach wieder nach Arvenbüel ab. Ich habe ab hier den markierten Schneeschuhtrail verlassen und bin im Schatten des Berges wieder aufgestiegen. Einen perfekt vorgespurten Weg dem alle folgen gibt es nicht, jeder ist sich selbst der Nächste. Heisst: Manche gehen auf gerader Linie im sehr steilen Gelände hinauf, andere queren im Zickzack tendenziell in östliche Richtung über Tritt (1’778 m) um dann über den Grat nahezu gemütlich aufzusteigen. Ein richtig gibt’s folglich nur für die Orientierungsangabe nach oben. Die Aussicht vom Leistenchamm ist dann fantastisch. Unter mir glänzte der Walensee in der Sonne, der Blick schweifte über die Glarner uns St. Galler Alpen, das Alpsteingebiet mit dem Säntis, ins Linthgebiet. Beeindruckend ist die Kante der Churfürsten, ich habe mich sofort gefragt ob es einen Weg hinüber gibt. Man möchte gar nicht mehr hinunter.

Die Sonne steht über dem Leistchamm am Himmel. Rechts ist der Grad zu sehen, der an dessen Fuss führt
Berge und Wasser: ein malerischer Anblick über dem Walensee
Die Churfürsten beeindrucken mich

Nachdem ich nach fast zwei Stunden Rast und vom harschen Wind abgesehen paradiesischen Wetter schweren Herzens wieder absteigen musste war ich überrascht wie schnell ich wieder zum Wegweiser abgestiegen war. Denn die 400 Höhenmeter habe ich rutschend, gleitend und gehend in 40 Minuten zurückgelegt.

Es geht steil bergab

Für den Abstieg gilt das gleiche wie für den Aufstieg: das Ziel anpeilen und irgendwie wird man schon irgendwo einen für sich akzeptablen Weg stapfen. Oder rutschen. Was im Aufstieg an Steilheit aber noch gut machbar war, war im Abstieg nicht mehr so lustig. Ich habe mir immer wieder die Stellen gesucht, die nicht zu abschüssig waren und gleichzeitig viel Schnee geboten haben. Meine Überlegung diesbezüglich war, dass wenn ich dann falle, vom Schnee gebremst werde, weich lande und ansonsten gut gleiten kann. Andere denken bei dieser Taktik vielleicht eher an Achtung Lawinen. Man muss vor Ort in Abhängigkeit vom eigenen Können und der Schneesituation beurteilen, wo es eine gute Idee ist abzusteigen und auf welche Art und Weise. Ich schätze, dass dieser Teil gut als Schwierigkeit WT4 durchgeht. Ist man heil weder unten angekommen geht’s gemäss Wegweiser in 70 Minuten zurück nach Arvenbüel. Ich fand der Weg bis nach Looch hat sich ziemlich gezogen, aber vielleicht war ich auch einfach nur noch etwas wackelig auf den Beinen. Die Route ist schön, zwischen den Bäumen entlang und wer sich umdreht erhascht immer wieder einen tollen Blick auf den Leistchamm, auf dessen Gipfel man kurz zuvor noch gestanden hat. Von unten habe ich mich gefragt wie ich da eigentlich hoch- und schlimmer noch heruntergekommen bin. Von Looch aus ist der circa 45-minütige Rückweg schon fast bekannt. Ich bin bis zur Hütte gelaufen bis zu dem Punkt wo die Strass nach links abbiegt, der beschilderte Sommerwanderweg jedoch geradeaus weiterverläuft. Etwas Abwechslung muss sein und so bin ich diesmal dem Wanderweg gefolgt. Eine schöne Route die durch ein kleines Wäldchen führt. Flugs steht man dann auch schon wieder an der Brücke und braucht dann nur noch entlang der Strasse zum Parkplatz zu laufen.

Rundtour
Strecke10.0 km
Dauerca. 5.25 h
Aufstieg940 m
Abstieg940 m
Niedrigster Punkt1’236 m
Höchster Punkt2’101 m
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Eckdaten der Tour
Das Gipfelkreuz des Leistchamm